BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortsverband Schöneck

Fragen und Antworten

Häufig gestellte Fragen zu den Planungen für ein Rechenzentrum und die Antworten / Positionen von Bündnis90/Die Grünen

Frage: Sind Bündnis90/Die Grünen grundsätzlich gegen Rechenzentren oder ein Rechenzentrum in Schöneck?

Antwort: Nein, Rechenzentren sind ein notwendiger Bestandteil der Digitalisierung. Standorte im Rhein-Main-Gebiet sind wegen der Nähe zum Internet-Knoten DE-CIX begehrt. Allerdings müssen auch Rechenzentren sparsam mit dem Flächenverbrauch umgehen und Energie effizient nutzen. Dazu gehört die Nutzung der zwangsläufig anfallenden Abwärme. Bei den Planungen für Schöneck wird Fläche verschwendet und die Abwärme einfach in die Luft geblasen. Das Konzept in dieser Form lehnen wir ab und versuchen beharrlich, substantielle Verbesserungen zu erreichen.

Frage: Wieviel Wärme kann das Rechenzentrum produzieren und wo ließe sich diese nutzen?

Antwort: Nach vorliegenden Informationen soll das Rechenzentrum 40 MW elektrische Leistung benötigen. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Leistung nicht nur in Rechenpower, sondern auch in Wärme umgesetzt wird. Man kennt das von seinem Computer zuhause. Für Frankfurt wurde ausgerechnet, dass die dortigen RZs leicht den gesamten Wärmebedarf der Stadt decken könnten. Das Schönecker RZ spielt in einer ähnlichen Liga, weshalb mindestens der Ortsteil Kilianstädten mit Wärme versorgt werden könnte, wahrscheinlich deutlich mehr. Aber: Wir wissen es nicht genau, weshalb wir fordern, dass endlich unabhängige Experten hinzugezogen werden, welche die gesamte Datenlage einsehen können und dann genau das ausrechnen können.

Frage: Schöneck und Kilianstädten haben aber gar kein Wärmenetz, über das die Wärme verteilt werden könnte. Wie soll das dann gehen?

Antwort: Schöneck hatte irgendwann auch kein Stromnetz, keine Wasserversorgung, kein Gasleitungsnetz und bis vor kurzem auch kein Glasfasernetz. Wenn es nun eben notwendig ist, dann werden wir das in einer gemeinsamen Kraftanstrengung schaffen. Die Firma Giganetz hat gerade erst gezeigt, wie so etwas sehr schnell möglich ist. Und wir sind sicher, dass Schönecker Bürger*innen sich gerne daran beteiligen, auch wenn es einer Anfangsinvestition bedarf. Denn jede*r von uns steht ja kurzfristig vor der Herausforderung, seine Heizung auf erneuerbare Energien umzustellen, um der Erderhitzung entgegenzuwirken, um unabhängig vom Putinschen Gas zu werden und damit letztlich auch weiterhin bezahlbar und sicher mit Wärme versorgt werden zu können. Das Energiedorf Bergheim in der Wetterau hat ganz in der Nähe gezeigt, wie so ein Nahwärmenetz aufgebaut werden kann.

Frage: Ist das Energiedorf Bergheim wirklich ein geeignetes Beispiel? Dort konnte man die Gunst der Stunde nutzen, dass das Straßennetz dringend saniert werden musste und man im Zuge der Sanierung das Wärmenetz einbringen konnte. Das ist in Schöneck nicht der Fall. Ist das trotzdem vergleichbar mit Schöneck?

Antwort: Bergheim musste dafür erst noch ein Heizkraftwerk errichten, dieses bekommt Schöneck frei Haus mit dem RZ geliefert. D.h. hier haben wir in Schöneck sogar eine günstigere Ausgangssituation. In Schöneck müsste geprüft werden, in welcher Reihenfolge ein Netz günstigenfalls aufgebaut werden könnte, so dass zunächst marode Straßen versorgt werden und später solche, die erst kürzlich saniert wurden. Vorstellbar ist z.B., dass man die Gunst der Stunde nutzt, wenn die L3009 ausgebaut wird, um in dem Zug bis zur Friedhofstraße zu verlegen und über die Friedhofstraße weiter zu verzweigen. Aber auch hierfür gilt: Wir brauchen Experten, die so etwas planen.

Frage: Wie könnte denn beim RZ Fläche gespart werden und wieviel?

Antwort: Die Firma Hetzner will das RZ mit Standard-Hallen ausstatten, die schon an anderen Standorten zum Einsatz gekommen sind. Dies sind lange Hallen in eingeschossiger Bauweise mit einem „leeren“ Pultdach, das (nach Hetzners Lüftungskonzept) für die Entsorgung der Abwärme benötigt wird [Update 22.09.2022: Bei einem Besuch des Hetzner RZs in Falkenstein erläuterte die Fa. Hetzner, dass das Lüftungskonzept nicht der Grund für die eingeschossige Bauweise sei, sondern dass prinzipiell, mit Mehraufwand auch ein Stockwerk aufgesetzt werden könnte - umso besser]. Wenn dieses Obergeschoss ebenfalls für Rechner genutzt würde, könnte schonmal die Hälfte des Platzes eingespart werden. Konzepte mit Wasserkühlung legen nahe, dass die Rechnerkapazitäten dabei deutlich komprimierter angeordnet werden können und dadurch weiterer Platz eingespart werden kann (hier …). Aber auch hier gilt: Wir benötigen unabhängige Beratung, um das tatsächliche Flächen-Einsparpotential für Schöneck zu ermitteln.

Frage: Ist es denn nötig, das ganze Verfahren anzuhalten? Können diese Verbesserungen nicht während der Offenlage des Bebauungsplans von der Bürger*innen und den Trägern öffentlicher Belange eingebracht werden?

Antwort: Theoretisch ja. Doch letztlich sind das politische Entscheidungen, die dem Projekt als Rahmenbedingungen vorgegeben werden sollten. Der politische Wille, das Rechenzentrum nachhaltig zu entwickeln, fehlt in Schöneck. Alle diesbezüglichen Anträge von Bündnis90/Die Grünen wurden abgeschmettert, das Gleiche ist zu erwarten, wenn nun während der Offenlage ähnliche Einwendungen erhoben werden. Es ist also nicht mehr als Augenwischerei, wenn behauptet wird, wir hätten im regulären Verfahren noch alle Möglichkeiten.

Frage: Sind die aktuellen Planungen denn konform mit den von der Gemeindevertretung auf Antrag von CDU/SPD/FWG aufgestellten „Leitlinien zur Erschließung von Gewerbegebieten“?

Antwort: Naja, da die Leitlinien alle Arten von Relativierungen enthalten („darauf hinwirken, dass grundsätzlich Leitlinien beachtet werden“), fällt es schwer „hart“ dagegen zu verstoßen (was wohl Absicht der Autor*innen war). Zwei Zielsetzungen werden jedoch mit diesen Planungen eklatant verletzt:

„Minimieren des Landverbrauchs durch flächeneffiziente Gestaltung durch bauliche Verdichtung (z.B. mehrstöckige Gebäude bis max. 3 Vollgeschosse)“

„soweit betriebswirtschaftlich sinnvoll und technisch umsetzbar, soll von Betrieben erzeugte Abwärme z.B. für eine Nahwärmeversorgung genutzt werden“

Gerade beim zweiten Punkt ist das ärgerlich, weil er gerade bei dem Projekt, wo er wirklich relevant wird (kaum ein anderer Betrieb erzeugt soviel Wärme wie ein RZ), nicht zum Tragen kommt. Leider belegt das, dass diese unverbindlichen Leitlinien nicht mehr als „So-tun-als-ob-Politik“ sind.

Frage: Was ist, wenn die Fa. Hetzner abspringt? Liegt dann nicht das Gewerbegebiet brach? Fehlt uns dann nicht die erhoffte Gewerbesteuer?

Antwort: Wir wollen nicht, dass die Fa. Hetzner abspringt, wir wollen ein vernünftiges RZ-Konzept. Wenn das mit der Firma nicht realisierbar ist, dann sind wir jedoch sicher, dass die Fläche von anderen Unternehmen gerne angenommen wird. Das Interesse gerade örtlicher Unternehmen ist da. Im Gegenteil, wenn wir nun die gesamte Fläche an die Fa. Hetzner vergeben, dann können wir die lokalen Unternehmen nicht bedienen, ohne ein weiteres Gewerbegebiet zu erschließen. Und auch diese anderen Unternehmen werden Gewerbesteuer bezahlen, und dies sogar mit einer besseren Risikostreuung. Es ist in dieser Hinsicht nicht gut, von nur zwei Unternehmen mit enormer Flächeninanspruchnahme (Autokontor: 20 ha, Hetzner: 13 ha) abhängig zu sein. Wir sollten uns also keineswegs von der Fa. Hetzner unter Druck gesetzt fühlen.

Frage: Die Gemeinde rechnet mit zusätzlich 2,8 Millionen Euro Gewerbesteuer im Jahr (siehe Interview mit der Bürgermeisterin hier ...). Ist es dieser Betrag nicht wert, dafür alle Augen zuzudrücken?

Antwort: Nein. Die 2,8 Millionen € haben zudem zwei Haken:

1. Diese Summe soll erst zum Endausbau erreicht werden, der bis zum Jahr 2036 geplant ist. Die Gewerbesteuerhöhe ist einerseits abhängig vom Gewinn der Fa. Hetzner sowie von der Anzahl und Art der Arbeitsplätze, welche Hetzner in Schöneck schafft. Denn als Berechnungsgrundlage wird der Gewinn des Gesamtunternehmens über den Messbetrag proportional zu den Lohnsummen an den Firmenstandorten auf diese verteilt und dann mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Zu Beginn wird daher nur ein kleiner Bruchteil davon auf Schöneck entfallen und dann gemäß der Unternehmensplanungen bis 2036 anwachsen.

2. Nach Abzug von Kreisumlage und nach dem kommunalen Finanzausgleich verbleibt nur ein kleiner Teil der Gewerbesteuer in Schöneck. In einem fiktiven Beispiel wurde ein Anteil von nur 26,6 Prozent errechnet (hier ...). Das mag für Schöneck nicht exakt gleich sein, die Größenordnung dürfte aber passen.

Frage: Die Fa. Hetzner gibt an, ihre Rechenzentren zu 100 Prozent mit Strom aus Wasserkraft zu betreiben. Ist dann nicht alles gut?

Antwort: Das ist natürlich gut. Jedoch ist das erneuerbarer Strom, der „eh schon da ist“, d.h. durch die Zurechnung zu Hetzner steht in Summe nicht mehr erneuerbarer Strom zur Verfügung, d.h. der rechnerische Anteil fossiler Energien im Mix des großen Restes steigt dadurch. Das lässt sich nur durch neue Erzeugungsanlagen lösen.

Frage: Gemäß Festsetzungen im Entwurf des Bebauungsplans gilt: „Fotovoltaik Anlagen sind, unter Berücksichtigung der technischen Anlagen, auf den Dächern zu errichten.“ Ist dann nicht alles gut?

Antwort: Das wäre schon gut, doch einerseits würde der erzeugte Strom nicht für den RZ-Betrieb ausreichen. Andererseits ist die Frage, was die „Berücksichtigung der technischen Anlagen“ bedeutet und ob die Fa. Hetzner mit Verweis auf die Bauart ihrer Hallen und Sorgen um die Dichtheit der Dächer (und damit Trockenheit der Server) hier Ausnahmen geltend machen könnte.

Frage: Die Fa. Hetzner weist angabegemäß einen PUE (Power Usage Efficiency) Wert von 1,1242 aus, d.h. dass pro 100 Einheiten Nutzstrom für den Rechnerbetrieb zusätzlich nur 12,42 Einheiten für den „Overhead“ des Rechenzentrums benötigt werden. Dies gilt als sehr guter Wert. Ist dann nicht alles gut?

Antwort: Ein PUE-Wert von 1,1242 gilt in der Tat als sehr gut. Folgende Einschränkungen: 1. Hetzner wurde „vor Jahren“ geprüft, wirbt aktuell auch nicht mehr auf ihrer Website damit, weshalb naheliegt, dass der Wert nicht mehr aktuell ist, 2. Der PUE-Wert betrachtet allen Strom, der im Rack verbraucht wird, als Nutzstrom, d.h. auch die Lüfter in den Rechnern, 3. der PUE-Wert bewertet nicht, ob die Wärme genutzt wird oder nicht.  

Frage: Die Fa. Hetzner gibt an, dass die Kühlung an mehr als 340 Tagen im Jahr mit Außenluft erfolge, was wenig Strombedarf für die Kühlung bedeute. Ist dann nicht alles gut?

Antwort: Nein, zwar arbeitet das Hetzner-Lüftungs-Konzept offenbar effizient bei der Entsorgung der Wärme, d.h. mit geringem Energieeinsatz. Wärme sollte aber eben nicht als Abfall behandelt werden, sondern als Kuppelprodukt beim RZ-Betrieb genutzt werden. Zwar äußerte ein Manager im Gespräch mit der Zeitung PC-Welt das Ziel: "Außerdem sollte man insgesamt weg von Kühlung und hin zur Nutzung der erzeugten Wärme gehen". Die Fa. Hetzner zeigt aber leider keine Ambitionen dazu, diesen Worten Taten folgen zu lassen, denn der Artikel war aus dem Jahr 2014, geändert hat sich seither nichts …

Frage: Für die meisten (wahrscheinlich alle) Beteiligten in der Schönecker Verwaltung und Kommunalpolitik ist das Projekt das erste Rechenzentrum in ihrer Laufbahn. Welche unabhängigen RZ-Experten wurden bisher zur Beratung hinzugezogen, um dieses unvermeidliche Know-How-Defizit auszugleichen?

Antwort: Leider gar keine. Unser Antrag, Experten hinzuzuziehen, wurde im Dezember 2021 abgelehnt. In einer Ausschusssitzung im Juni 2022 wurde von der Verwaltung bestätigt, bisher keine unabhängige Beratung gesucht zu haben. Am Tisch saß dagegen ein Rechtsanwalt, der darüber wachte, dass juristisch alles mit rechten Dingen zuginge. Insofern ist zwar die Entscheidung, in der Sitzung den Zuhörern (unter denen sich Experten befanden) kein Rederecht zu gewähren, zwar rechtlich sicherlich nicht anzugreifen, aber der Sache halt eben nicht dienlich.

Frage: Sind die Ideen der Grünen denn nicht ein Wolkenkuckucksheim, das an der Realität vorbeigeht?

Antwort: Nein, die genannten Beispiele zeigen, dass bei ernsthaftem Willen und gemeinsamer Kraftanstrengung viel möglich wird. Im Gegenteil ist die Ausblendung der Realität und die Ablehnung dieser konstruktiven Ansätze ein Wolkenkuckucksheim. Die Realität ist doch, dass wir davor zittern, dass Putin am Gashahn dreht und uns ein kalter Winter droht oder wir die Gasrechnungen nicht mehr bezahlen können, dass wir, weil wir noch nicht genügend erneuerbare Energien haben, sogar klimaschädliche Kohlekraftwerke reaktivieren müssen. Und das während die Erderhitzung auch bei uns bereits erbarmungslos zuschlägt: Im Ahrtal letztes Jahr, mit den Trockenheiten der vergangenen Jahre und aktuell, mit den Waldbränden bei Hanau, mit den Verboten zur Wasserentnahme im Main-Kinzig-Kreis, mit immer neuen Hitzerekorden. Die Erderhitzung ist längst hier. Und vor diesem Hintergrund ist es Wolkenkuckucksheim, zu glauben, wir könnten es uns erlauben, Strom für ein Rechenzentrum zu nutzen, die Abwärme ungenutzt zu verschwenden, gleichzeitig aber unsere Häuser weiter mit fossilen Energien zu beheizen - oder deren Heizsysteme auf Wärmepumpen umzustellen, die dann aber ebenfalls Strom benötigen. Den wir aber ja gerade für das Rechenzentrum verwenden wollen. Das heißt wir bräuchten ohne die Mehrfachnutzung zusätzlichen Strom. Entweder ist dieser wieder fossil erzeugt (und heizt das Klima weiter an) oder er ist erneuerbar. Dabei wissen wir, dass wir heute erst etwa die Hälfte unseres Stroms erneuerbar erzeugen und mit der Errichtung neuer Anlagen kaum hinterherkommen.



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