Mit einer weiterhin deutlichen Mehrheit hat die Gemeindevertretung den nächsten Schritt in Richtung Rechenzentrum genommen und für die Einleitung eines Zielabweichungsverfahren gestimmt. Doch die Zustimmung bröckelt. Auch aus den Fraktionen der SPD und WAS gab es drei Ablehnungen und zwei Enthaltungen. Herzlichen Dank dafür! Fraktionsvize Wolfgang Seifried appellierte, geschriebene Gesetze ernst zu nehmen und nicht als unverbindliche Empfehlungen. Er zitierte aus dem Baugesetzbuch: „Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; Bodenversiegelungen sind auf das notwendige Maß zu begrenzen.“
Mit einem Antrag brachten wir zur Schonung des Grundwassers eine Zisternensatzung für Neubauten auf den Weg. Schöneck war im abgelaufenen Sommer nur knapp am Wassernotstand vorbeigeschrammt. „Die umgehende drastische Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs für Anwendungen, die keine Trinkwasserqualität erfordern, ist zwingend notwendig“, lautete der Aufruf der Kreiswerke. Starke Unterstützung für den Antrag kam von WAS und SPD, mit deren Stimmen der Antrag angenommen wurde, herzlichen Dank dafür! In den anderen Fraktionen überwogen die Bedenken – nicht vor dem Wassermangel, sondern vor einer Regelung.
Hintergrundinformationen, unsere Anträge im Wortlaut und was sonst noch geschah:
Sitzungsunterlagen im Ratsinformationssystem der Gemeinde: https://schoeneck.ris-portal.de/web/guest/sitzungen?sitzungId=115170
- Zisternensatzung zur Schonung des Grundwassers auf den Weg gebracht: Nur knapp schrammte die Gemeinde Schöneck im abgelaufenen Sommer am Wassernotstand vorbei. Die „Wasserampel“ stand auf der letzten Warnstufe. „Die umgehende drastische Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs für Anwendungen, die keine Trinkwasserqualität erfordern, ist zwingend notwendig“, lautete der Aufruf der Kreiswerke. Aufgrund der Erderwärmung werden sich die Trockenphasen erwartbar weiter mehren. Als eine vorbeugende Maßnahme schlugen wir daher den Erlass einer Zisternensatzung vor, die bei Neubauten zum Einbau einer Zisterne verpflichtet. Mit dem gesammelten Regenwasser können z.B. Toiletten gespült oder Gärten bewässert werden. Aus den Fraktionen der Bedenkenträger wurden in Gegenreden hygienische Argumente ins Feld geführt, eine Amortisationszeit von deutlich über 10 Jahren bemängelt (was doch eigentlich nicht schlecht ist?!) und in Frage gestellt, ob es sich angesichts der vermeintlich geringen Bautätigkeit überhaupt lohne, eine Satzung aufzustellen. Starke Unterstützung kam dagegen von WAS und SPD, mit deren Stimmen der Antrag angenommen wurde, herzlichen Dank dafür! Der Gemeindevorstand hat nun den Auftrag, auf Basis einer Mustersatzung eine Satzung zu erarbeiten. Zu unsererBeschlussvorlage hier …
- Veröffentlichung von Mustersatzungen: Damit so sinnvolle Regelungen wie die Zisternensatzung nicht nur dann „zufällig“ in der Kommunalpolitik ankommen, wenn das hessische Umweltministerium und der Hessische Städte und Gemeindebund sie im Einzelfall in der Presse veröffentlichen, wollten wir in einem zweiten Antrag vorschlagen, dass Mustersatzungen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes grundsätzlich veröffentlicht werden. Dann könnten auch ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen sich an solch guten Vorlagen orientieren und daran mitwirken, das Satzungswesen der Kommunen zu optimieren – auch im Sinne einer Entbürokratisierung. Bisher stehen die Mustersatzungen nur den Verwaltungen der Mitgliedskommunen zur Verfügung. Unser Antrag wurde vom Präsidium jedoch nicht für die Tagesordnung der Gemeindevertretung zugelassen, weil man dort die Auffassung vertrat, dass die Befassung damit nicht Aufgabe der Gemeindevertretung sei. Wir werden uns nun auf anderem Weg dafür einsetzen, dass dieses Herrschaftswissen breiter geteilt wird ... Zur Beschlussvorlage hier …
- Höhere Vergütung für Schönecker Kita-Fachkräfte beschlossen – aber (vorerst) keine einkommensabhängigen Kita-Gebühren: Mit deutlicher Mehrheit wurde beschlossen, eine Arbeitsmarktzulage für Kita-Fachkräfte einzuführen. Damit reagiert die Gemeindepolitik auf den Personalmangel in den Kitas und auf die Nachbarkommunen, die zuvor bereits diesen Schritt gegangen waren. Niemand ist mit der Entscheidung angesichts der Haushaltssituation wirklich glücklich. Die Erhöhung erscheint aber notwendig, um im marktwirtschaftlichen Wettbewerb um die Erzieher*innen bestehen zu können. Dass daher nun ausgerechnet die Sprecherin der FDP als ansonsten engagierte Verfechterin des freien Wettbewerbs das Vorpreschen der Nachbarkommunen kritisierte, barg eine gewisse Ironie.
Die Schattenseite der besseren Entlohnung sind die 400.000 Euro, mit denen der Schönecker Haushalt zusätzlich belastet wird. Diese müssen durch eine Erhöhung der Grundsteuer und/oder durch eine Erhöhung der Elternbeiträge für den Kindergartenbesuch ausgeglichen werden. Die Erhöhung muss nach unserer Auffassung jedoch sozial gerecht durch eine Umstellung auf einkommensabhängige Beiträge erfolgen. Es schien sich daher gut zu treffen, dass sich ein Antrag der FWG für einkommensabhängige Elternbeiträge noch im Geschäftsgang befand. Der ursprüngliche Antrag der FWG sah dafür ein zweistufiges Modell vor. Dieses birgt jedoch den erheblichen Nachteil, dass Eltern, die knapp über den Schwellen zu höheren Gebühren liegen, schlechter gestellt werden als diejenigen, die knapp darunter liegen. Deshalb hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss unserem Änderungsantrag für ein stufenloses Modell (analog der Einkommensteuer) angeschlossen und der Gemeindevertretung einstimmig (d.h. auch mit den Stimmen der FWG) den so geänderten Antrag zur Annahme empfohlen. Überraschend und schade war daher nun, dass sich der FWG-Sprecher in der Gemeindevertretung anders entschied. Er befand, dass die Vorlage nicht mehr der Intention der FWG entspreche und zog daher den Antrag zurück. Das ist formal möglich und korrekt, aber damit war die Grundlage für die Abstimmung entzogen. Wir beabsichtigen deshalb, nun einen eigenständigen Antrag dazu einzubringen. Ärgerlich ist, dass Zeit verloren geht, um die Gebührenerhöhung sozial gerecht so auszugestalten, dass sie zwar sicher nicht auf Begeisterung, aber zumindest auf Akzeptanz bei den Eltern treffen wird. Zur Beschlussvorlage incl. der von uns eingebrachten Änderungen hier … - Rechenzentrum -Zustimmung bröckelt: Das Regierungspräsidium Darmstadt besteht nach einer Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshofs auf der Durchführung eines sogenannten Zielabweichungsverfahrens. Dieses ist erforderlich, weil im gültigen Flächennutzungsplan zwar bereits 8 Hektar geplante Gewerbefläche vorgesehen waren, die Firma Hetzner für ihre flächenfressende, eingeschossige Bauweise aber weitere 5 Hektar benötigt, die jedoch im gültigen Plan der Landwirtschaft gewidmet sind. Die Mehrheit der Gemeindepolitik hatte hier bislang gehofft, diesen Plan schlank ignorieren zu können. Zwar hat nun eine deutliche Mehrheit für die Einleitung eines Zielabweichungsverfahren gestimmt, doch die Zustimmung bröckelt. Aus den Fraktionen der SPD und WAS gab es drei Ablehnungen und zwei Enthaltungen. Herzlichen Dank an diese Vertreter*innen für diese bestimmt nicht einfachen Entscheidungen, die neben sachlichen Abwägungen natürlich auch Fragen der Loyalität zur eigenen Fraktion und zur Bürgermeisterin berücksichtigen müssen. Dies ist aber andererseits auch ein Beleg für unsere gut funktionierende Demokratie, in der Abgeordnete nur ihrem Gewissen folgen müssen und es den viel kolportierten Fraktionszwang eben nicht gibt.
Fraktionsvize Wolfgang Seifried appellierte, geschriebene Gesetze als solche ernst zu nehmen und nicht als unverbindliche Empfehlungen anzusehen. Er zitierte aus dem Baugesetzbuch: „Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; Bodenversiegelungen sind auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden.“ Die vermeintliche Notwendigkeit besteht in diesem Fall jedoch lediglich aus dem Wunsch der Firma Hetzner, billig und eingeschossig zu bauen. Wir hoffen und erwarten daher nun, dass die Regionalversammlung als politisches Entscheidungsgremium für das Zielabweichungsverfahren die Gesetze ernster nimmt als die Schönecker Gemeindevertretung, das Ansinnen ablehnt, um nicht erst durch einen Gerichtsentscheid gestoppt zu werden.